Es war einmal ein kleiner weisser Baumwollfaden, der hatte ganz viel Angst, dass er so wie er war, zu nichts nutze sei.

Ganz verzweifelt dachte er immer wieder:

 "Ich bin nicht gut genug, ich tauge zu nichts. Für einen Pullover bin ich viel zu kurz. Selbst für einen winzig kleinen Puppenpullover tauge ich nichts! Für ein Schiffstau bin ich viel zu schwach. Nicht mal ein Hüpfseil kann ich aus mir machen lassen!

Mich an andere kräftige, dicke, lange Fäden anknüpfen kann ich nicht, die lachen doch sowieso über mich. Für eine Stickerei eigne ich mich auch nicht, dazu bin ich zu blass und zu farblos. Ja, wenn ich aus Goldgarn wäre, dann könnte ich eine Stola verzieren oder ein Kleid. Aber so?! Ich bin zu gar nichts nütze. Was kann ich schon? Niemand braucht mich. Keiner beachtet mich. Es mag mich sowieso niemand."


So sprach der kleine weisse Baumwollfaden mit sich, Tag für Tag. Er zog sich ganz zurück, hörte sich traurige Musik an und weinte viel. Er gab sich ganz seinem Selbstmitleid hin.

Eines Tages klopfte seine neue Nachbarin an der Tür. Ein kleines weisses Klümpchen Wachs. Das Wachsklümpchen wollte sich bei dem Baumwollfaden vorstellen. Als es sah, wie traurig der kleine weisse Baumwollfaden war und sich den Grund dafür erzählen liess, sagte es:

 "Lass dich doch nicht so hängen, du schöner, kleiner, weisser Baumwollfaden. Mir kommt da so eine Idee: wir beide sollten uns zusammen tun! Für eine Kerze am Weihnachtsbaum bin ich zu wenig Wachs und du als Docht
zu klein, doch für ein Teelicht reicht es allemal. Es ist doch viel besser, ein kleines Licht anzuzünden, als immer nur
über die Dunkelheit zu klagen!"

Da war der kleine weisse Baumwollfaden ganz glücklich und tat sich mit dem kleinen weissen Klümpchen Wachs zusammen und sagte:

 "Endlich hat mein Dasein einen Sinn."

Wer weiss, vielleicht gibt es in der Welt noch viele kleine weisse Baumwollfäden und viele kleine weisse Wachsklümpchen,
die sich zusammentun könnten...

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